
Auerwild im Sommer: Zeit der Jungenaufzucht und Mauser
WÄHREND DIE HAHNEN NOCH BALZEN ...
Erlauben
wir uns einen kurzen Rückblick und folgen dem Geschehen nach der Balz. Was
machen die Hennen, während die Hahnen nach dem Tretakt noch längere Zeit
weiterbalzen? An sich wären es einige knappe biologische Daten, doch diese sind
immer in Verbindung mit lokalen Faktoren zu sehen.
Auerhennen
beginnen die Eiablage normalerweise wenige Tage nach der Paarung, der Zeitpunkt
hängt jedoch vom Ernährungszustand der Henne ab. Frühere Ausaperung bedeutet
auf Grund besserer Zugänglichkeit der eiweißreichen Nahrung auch eine frühere
Eiablage. Im Schnitt werden 7-8 Eier gelegt, wofür die Henne etwa 11 Tage
benötigt. Erst mit dem Ende der Eiablage beginnt die Henne zu brüten. Bis zum
Schlüpfen der Küken dauert es rund 26 Tage. Kommt es zu einem frühen
Gelegeverlust, kann es zu einer Nachbrut kommen, jedoch mit einer geringeren
Anzahl an Eiern.
Wie
alle Raufußhühner ist auch das Auerwild ein Bodenbrüter, die Nester werden
gerne entlang von markanten Randlinien wie Bestandesrändern („Hennenschlagerl“)
oder in der Nähe von Forststraßen angelegt; oft am Fuße eines Baumstammes oder
bei Strukturen wie Wurzelstöcken oder Asthaufen. Die Henne verwendet keinen
allzu großen Aufwand in die Nestgestaltung und dessen Tarnung. Manchmal können
die Nester sogar erstaunlich gut einsichtig sein (Bild 1 und 2). Vor allem in
den Bergen liegen die Nester auf Grund der Schneesituation (und Höhe der
Vegetation als Schutz) oft deutlich tiefer als die Balzplätze.
NESTFLÜCHTER, WÄRMELIEBEND UND
WANDERLUSTIG
Auerwildküken
sind wie alle Hühnervögel Nestflüchter. Schon nach wenigen Stunden sind die
Küken auf den Beinen, allerdings bewegen sie sich in den ersten Tagen nicht weit
vom Nistplatz. Doch für die folgenden zwei bis drei Wochen sind für Gesperre
erstaunliche Wanderbewegungen bekannt, welche von Tagesverschiebungen von
mehreren hundert Metern bis über einen Kilometer reichen. Diese Zeitspanne
erhöhter Aktivität deckt sich mit dem Zeitraum, in welchem von den Küken
bevorzugt Insektennahrung aufgenommen wird. Diese Nahrung wiederum scheint
wichtig zu sein, um nach dieser Zeit die Körpertemperatur selbst aufrecht erhalten
zu können. Auch die Flugfähigkeit über weitere Strecken wird nach etwa drei
Wochen erreicht.
In den
ersten Lebenswochen sind die Küken auf die Wärmezufuhr durch die Henne
angewiesen und müssen immer wieder gehudert werden. Bei anhaltend schlechter - vor
allem nasskalter - Witterung kommt eine Negativspirale in Gang: die Küken
müssen häufiger gehudert werden, damit bleibt auch weniger Zeit um zu fressen.
Weiters sind bei solcher Witterung auch die Insekten weniger aktiv, wodurch
insgesamt weniger Nahrung zur Verfügung steht. Fazit: die Küken verklammen und verhungern
bzw. können Raubfeinden leichter zum Opfer fallen. Dadurch kann es zu markanten
Ausfällen kommen, wie es z.B. im Frühjahr 2013 in vielen Auerwildgebieten zu
beobachten war.
Damit
in Zusammenhang steht ein weiteres Faktum: Auerwildküken müssen über den Sommer
möglichst schnell an Gewicht zulegen, um im Herbst ausgewachsen und für den
Winter gerüstet zu sein. Dies gelingt den Hennen besser als den jungen Hahnen.
Diese müssen, bedingt durch den starken Gewichtsunterschied zwischen Hahn und
Henne, nahezu doppelt so schnell wachsen wie ihre weiblichen Geschwister und
haben daher einen markant höheren Energiebedarf (bereits rund 30 % mehr im
Alter von zwei Wochen!). Aus diesem Grund ist der Ausfall an männlichen Küken
bei ungünstigen Lebensbedingungen insgesamt deutlich höher! Ein Umstand, der
auch jagdlich zu berücksichtigen ist.
SOMMERLICHE FEINKOST
Während
Auerwild im Winter weitgehend mit karger Nadeläsung auskommt, wird die Nahrung
im Sommerhalbjahr sehr vielfältig. Hennen brauchen im Frühjahr zur Eiproduktion
sehr eiweißreiche Kost, dazu werden z.B. Gräserblüten gerne genommen. Während
des Sommers dominieren in der Nahrung des Auerwildes Triebe, Blätter, Gräser
und verschiedene Blüten. Die jeweilige Zusammensetzung hängt naturgemäß von der
Vegetation des Vorkommensgebietes ab. So werden z.B. Blätter und Triebe der
Heidelbeere in kalkreichen Gebieten durch die Himbeere ersetzt. Für Jungvögel
sind, wie bereits erwähnt, in den ersten Wochen Insekten wichtig, im weiteren
Verlauf des Sommers nehmen Sämereien in der Nahrung zu. Der Anteil an Beeren
kann stark schwanken, stärkere Bedeutung erlangen diese in höheren Lagen im
Frühherbst. Dabei zählt die Heidelbeere unter den Zwergsträuchern eindeutig zur
beliebtesten Kost des Auerwildes.
ALLES MAUSERT SICH...
Der
Sommer ist die Zeit der Mauser. Die Küken wechseln eigentlich laufend ihr
Federkleid und müssen dabei darauf achten, trotz ihrer enormen Gewichtszunahme
ihre Flugfähigkeit nicht zu verlieren. Zuerst wird das flaumige Daunenkleid
gegen das Jugendkleid gewechselt, welches im Alter von einem Monat fertig ist.
Ab dieser Zeit ist aufgrund des Gefieders eine sichere Unterscheidung der
Jungvögel nach dem Geschlecht möglich. Der unmittelbar anschließende Wechsel
des Jugendkleides ins Erwachsenenkleid erfolgt über den restlichen Sommer und
dauert bis Ende September. Zu dieser Zeit ist auch das Wachstum der jungen
Hennen abgeschlossen, und sie sind äußerlich nicht mehr von der Althenne zu
unterscheiden. Anders die jungen Hahnen, die erst im dritten Jahr ausgewachsen
und daher vor allem in ihrem ersten Lebensjahr von den Althahnen in der Größe
unterscheidbar sind. Die Auflösung des Gesperres erfolgt ebenfalls im
Frühherbst.
Die
Mauser der Altvögel beginnt beim Hahn mit dem Ende der Balz (Ende Mai) und bei
den Hennen mit dem Schlüpfen der Küken (Mitte Juni). Die Hauptmauser fällt bei
beiden Geschlechtern in den Juli. Die Mauser des Auerwildes kann dazu genutzt
werden, um Informationen über die Auerwildpräsenz im
Revier zu bekommen. Dazu können am besten sonnige, warme Randlinien, wie
Bestandesränder, Böschungen von Forststraßen, kleine Kahlschläge u.ä.,
vorsichtig nach Federn und Huderstellen abgesucht werden. Insbesondere über die
bevorzugten Lebensraumstrukturen des Gesperres erhält man so gute
Informationen.
... VERTEILT IM LEBENSRAUM
Über
die Raumnutzung des Auerwildes im Jahresverlauf ist vor allem in unseren
Berggebieten wenig bekannt. Doch soviel scheint sicher: Besonders die Hahnen
wechseln von ihren Wintereinstands- bzw. Balzgebieten in Sommereinstände, wo
vor allem die Mauser erfolgt. Die Winter- und Sommereinstände können durchaus
mehrere Kilometer auseinanderliegen. Die weitere Verteilung der Hahnen macht
gegenüber den kleineren Winter-/Balzeinständen auch Sinn, da sie für das
Raubwild damit weniger berechenbar anzutreffen sind. Besonders auch in der Zeit
der Mauser, in der die Flugfähigkeit teilweise eingeschränkt ist. Auch bei den
Sommereinständen verhalten sich Hahnen sehr reviertreu und suchen über Jahre
immer dieselben Gebiete auf.
Anders
die Hennen. Diese sind im Sommerhalbjahr einerseits durch Brut und Aufzucht der
Küken stärker ortsgebunden, nutzen ihren Lebensraum jedoch insgesamt deutlich
flexibler als die Hahnen. Die allgemein weitere Verteilung des Auerwildes im
Sommer wird auch von aufmerksamen Jägern immer wieder bemerkt.
VERWENDETE LITERATUR:
◆ Klaus, S., Andreev, A.V., Bergmann, H.H., Müller, F., Porkert, J. & J. Wiesner (1989): Die Auerhühner. Neue Brehm Bücherei, Ziemsen Verlag.
◆ Zeiler, H. (2001): Auerwild – Leben. Lebensraum. Jagd. Österreichischer Jagd- und Fischereiverlag.
DI Thomas Huber
Raufußhuhnreferent