Platzangst am Berg

Gams

Wildruhezone Lanischalpe

„Behördlich genehmigte Wildruhezone“ sagt eine Tafel im hinteren Pöllatal. Außerdem: „Jagdlich befristetes Sperrgebiet“. Doch was heißt das für den Skitouren-Hype in Oberkärnten und gut 100 Stück Gamswild auf der Lanischalpe?

 

Christian Koch ist Berufsjäger im Jagdgebiet Lanischalpe, ein Gebiet zwischen Rennweg und Lungau, durchzogen von eindrucksvollen Gipfeln und echten Wintern. Skitourengeher zieht es schon lange hierher, doch seit der Wintersport auch die durchschnittlich sportliche Bevölkerung auf die Berge treibt, weichen die eingefleischten Bergfexen gerne in weniger günstige Gebiete aus: In das Wintereinstandsgebiet von gut 100 Gämsen.

 

„Jede Störung in diesem Bereich hat weite Fluchtdistanzen und einen hohen Energieverbrauch zur Folge,“ erklärt Berufsjäger Koch. „Das Gamswild wird durch Störung in den Schutzwald abgedrängt.“ Ohne Beunruhigung hat das Wild hier, auf der Südseite oberhalb der Baumgrenze, seit vielen Jahren ein natürliches Überwinterungsgebiet. Doch Skifahrer, die plötzlich abfahren und Tourengeher, die ihre Spitzkehren durch den Einstand ziehen, gefährden die erfolgreiche Überwinterung der Tiere. „Aber woher sollen es die Leute denn auch wissen, wenn es ihnen keiner sagt,“ sagt Koch und holt die Karte des Jagdgebietes hervor.

 

Seit der neuen Jagdpachtperiode gibt es auf der Lansichalpe, unterhalb der Oblitzen im besagten Einstandsgebiet, eine behördlich genehmigte Wildruhezone. Dabei gehe es nicht darum, das Tourengehen zu verbieten, sondern darum, einen Platz für beide Parteien, Wild und Wintersportler, zu schaffen. „Wenn wir Jäger nicht aktiv werden und Plätze sichern, in denen das Wild noch sein kann, wer dann? Wenn wir uns hier nicht einsetzen, dann sind wir bald nur noch Schießer. Man muss dem Wild schon auch etwas geben,“ sagt der Berufsjäger.

 

Die Wildruhezone umfasst 145ha, weniger als 10% der Jagdgebietsfläche. Das ist eine der Auflagen, die eine behördlich genehmigte Wildruhezone erfüllen muss. Außerdem darf sie keine markierten, offiziellen Wanderrouten sperren oder durchkreuzen. Die Sinnhaftigkeit der Wildruhezone muss schließlich in mehreren Anhörungen vor dem Forst, dem Alpenverein, den Grundbesitzern, der Gemeinde und Wildbiologen erklärt und von diesen bestätigt werden. Wer ein schützenswertes Gebiet, wie natürliche Überwinterungs- und Einstandsgebiete, in seinem Revier hat und diese behördlich und befristet schützen möchte, muss also zunächst seine Jagdgebietskarte hervorholen, das betroffene Gebiet markieren und einen Antrag an die Bezirksverwaltungsbehörde stellen.

 

Im Großraum soll in den nächsten Jahren ein großflächiges Lenkungssystem etabliert werden, das Naturnutzer sensibilisiert und alternative Routen bietet. Die beliebten Gipfelkreuze können dann immer noch erreicht werden – bloß auf einer Router 400m weiter rechts oder links. „So haben die Viecher ihre Ruhe und die Tourengeher auch ihren Platz,“ ist sich Berufsjäger Christian Koch sicher.